andrea böning
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Looking Back
2014
Hochschule
für nachhaltige Entwicklung, Eberswalde

Acrylat, Glaskristall
400 x 280 x 2 cm
   
   
   
     
Looking Back ist eine die Welt umfassende Wolkendarstellung aus geschliffenen Glaskristallsteinen. In den tausendfachen kleinen Reflexionen und im oszillierenden Flimmern der Steine liegt der hohe Reiz dieses "Juwels". So wie der Astronaut Edgar Mitchel einst den Erdaufgang beschrieb: "Plötzlich tauchte hinter dem Rande des Mondes in langen zeitlupenartigen Momenten von grenzenloser Majestät ein funkelndes blauweißes Juwel auf, eine helle, zarte, Kugel." -die Erde auf dem Hintergrund der unendlichen Tiefe des Alls.

Der Blick zurück. Die gesamte Erde als fotografisches Abbild ist heute selbstverständlich. Aber noch 1966 machte der Ansteck-Button „Why haven´t we seen a photograph of the whole earth yet?“ Furore. Diese Frage drückte das aus, was eine ganze Bewegung ausmachte: Es war die Unzufriedenheit der Umweltbewegung gegenüber den Milliardenausgaben für die Weltraumkolonialisierung, während auf Erden Anzeichen ökologischer Katastrophen ignoriert wurden. Zwei Jahre später, 1968, als die Apollo-8 Mission erstmals die Möglichkeit einer neuen Perspektive, nämlich die des Blicks zurück auf die Erde, erhielt und die Menschheit den Planeten Erde in seiner Ganzheit zum ersten Mal sehen konnte, waren diese Fotografien eine Revolution für das kollektive Bildergedächtnis.

Diese Bilder trafen auf die in den 60er Jahren entstandene große Sehnsucht der Menschen, die Welt als einen ganzheitlichen ökologisch sensiblen Lebensraum zu verstehen. In diesem „Overview-Effekt“ wurde das Bild der Erde in Zeiten des Kalten Krieges zum Symbol der Friedensbewegung und ist fortan ein Leitbild der globalen Umwelt-, Natur- und Nachhaltigkeitsbestrebungen in Wissenschaft und Politik.

Glaskristall gilt, trotz der heutigen industriellen und kostengünstigen Herstellung durch seine ästhetische Nähe zum Diamanten als ein Symbol des Reichtums. Darin liegt die Ambivalenz und gleichzeitig die Herausforderung: Einerseits ist es das Bild des größten zu schützenden Schatzes, des Planeten als Lebensgrundlage und andererseits symbolisieren die Steine mit ihrer Schönheit den Wunsch nach Besitz, nach wirtschaftlichem Wachstum. Somit spiegelt es die zentrale Aufgabe der Nachhaltigkeitsforschung und -lehre wider: Die sinnvolle Verbindung zwischen Ökonomie und Ökologie.

Es ist ein aufschlussreiches Gedankenspiel sich vorzustellen, dass ein Verlangen nach Besitz obsiege und [dennoch] Steine gewaltsam herausgebrochen würden. Die entstehenden fehlerhaften Lücken in den Wolken würden vielleicht Gespräche über Verantwortung, über Notwendigkeit und Möglichkeiten der Wiederherstellung eröffnen. Und würden diese Diskussionen, deren Argumentationen und Handlungsstrategien, nicht Parallelen zu den Auseinandersetzungen um die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts auf unserem Planeten im Kampf mit ökonomischen Interessen aufzeigen?